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Quelle: kastorfer-geschichte.de
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Dass sich die Bewohner von Wildberg und Wolkow über das Erscheinen einer Landvermesser-Kommission im Oktober des Jahres 1697 übermäßig gefreut haben, ist kaum anzunehmen. Sie wussten sicher, zu welchem Zweck in ganz Schwedisch Pommern deutschsprachige und schwedische Fachleute in Marsch gesetzt wurden, die in wochenlanger Untersuchung gewissermaßen jeden Stein umdrehten. Es sollte endlich eine verlässliche Bemessungsgrundlage für die Besteuerung geschaffen werden, die der schwedischen Krone die enormen Kriegskosten des Dreißigjährigen Krieges ersetzen sollte. Seit 1648 hatten es die pommerschen Landstände durch Lavieren und Verschleppen immer wieder verhindern können, dass die Besteuerung nennenswert angezogen wurde. Unter den absolutistisch regierenden Schwedenkönigen Karl XI. und Karl XII. sollten nun andere Saiten aufgezogen werden. Von 1692 bis 1698 waren die erwähnten Messtrupps unterwegs und erstellten ein Gesamtwerk, das für seine Zeit Maßstäbe setzte. Was den pommerschen Zeitgenossen vermutlich ein Ärgernis war, erweist sich heute als großer Glücksfall für die Historiker und Geographen. Erstaunlich genaue Flurkarten und jeweils ein ausführlicher Kommentar vermitteln ein vielschichtiges Bild der Dörfer und Städte und ihrer jeweiligen Gemarkung. In seinem Artikel „Das schwedische Pommern vom Westfälischen Frieden bis zum Wiener Kongress“ urteilt Professor Werner Buchholz: Die Karten und Unterlagen….sind für diese Zeit einmalig für eine deutsche Landschaft, sie geben eine sehr genaue und umfassende Beschreibung des Landes und seiner Beschaffenheit, der Bevölkerung, der Besitzverhältnisse und der Geschichte. Für die Schweden hat sich die Mühe allerdings in keiner Weise ausgezahlt: Als das Steuerkataster 1709 fertig war, verhinderte der Nordische Krieg seine Anwendung, die Reinschrift des Werkes geriet sogar in falsche Hände: Die feindlichen Dänen kaperten das Schiff, mit dem dieses Dokument nach Stockholm verbracht werden sollte. Noch heute ist das Kapergut als Museumsstück in Kopenhagen.

Zur Aussagekraft der Karten von Wildberg und Wolkow:

Die Dörfer sind nicht vollständig abgebildet, wohl aber die Lage der Höfe – ob groß oder klein – denen Ackerflächen zugeordnet wurden. Wie in der Skizze des Dorfes aus dem Kirchenbuch des Jahres 1682 ist in der Wildberger Karte wieder die typische Form des Angerdorfes erkennbar, die Höfe sind um einen ovalen Anger angeordnet. Am westlichen Rand des Dorfangers die Kirche, davor der Hof des Kirchackerpächters. Auf dem Anger, deutlich abgerückt von den Bauernhöfen, der „feuergefährliche“ Schmied, das Hirtenhaus und das Küsterhaus. Im Osten des Angers der große Teich. In Wolkow liegt der Siedlungskern des Ortes westlich des großen Dorfteichs. Die Grundform des Angerdorfes ist nicht so klar erkennbar.

Deutlich ist die Kontur der sogenannten Schwedenschanze am Kastorfer See abgebildet. Die Beschriftung lautet „alte Brustwehrn mit graben…“. Es handelt sich offensichtlich um eine nahezu quadratische doppelte Wallanlage, die vermutlich als Sicherung eines kleineren Militärlagers angelegt wurde. Die Erdwälle lehnen sich jeweils an das Seeufer an. Wenn man den überlieferten Namen Schwedenschanze als Bezug nimmt, so kann die Anlage ab 1630 entstanden sein, also im Dreissigjährigen Krieg oder aber in den kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen Brandenburg und Schweden ab 1674. Die Schutzwälle konnten ihre Funktion nur erfüllen, wenn das Schussfeld gerodet wurde. Der Karte ist aber zu entnehmen, dass der Wald sich mittlerweile das Gelände der Schanze zurückerobert hatte. So spricht doch einiges dafür, dass die Schanze eher in der früheren Zeit anzusiedeln ist.

Wenn man die großflächige Landwirtschaft der Gegenwart als Bezugspunkt wählt, dann nimmt sich auf der Wildberger Karte die in teils schmalste Streifen aufgeteilte Ackerflur von 1697 sehr merkwürdig aus. Tatsächlich war jeder dieser Streifen den bäuerlichen Anwesen zugeordnet – je nach Größe des Hofes war der Streifen mal breiter, mal schmäler. Die Bewirtschaftung der drei Schläge war nur auf dem Wege des Flurzwangs möglich: Gemeinsames Pfügen, Sähen und Ernten, weil der einzelne Bauer seinen Streifen sonst gar nicht erreichen konnte. So hatte jeder Landwirt einen Anteil an den verschiedenen Bodenqualitäten auf der Gemarkung. Die deutlich hervorstechenden großen Flächen sind die Äcker des Vorwerks. Ende des 17. Jahrhunderts war der Anteil des intensiv bewirtschafteten Ackerlands in beiden Orten noch längst nicht bei 50 % der Feldflur. Für Wildberg gilt: Große Flächen in Richtung Wolde, der spätere Standort von Fouquettin, der Abhang und die Niederung westlich von Wildberg in Richtung See und ein großes Areal entlang der Grenze zu Reinberg und Wolkow wurden als extensiv bewirtschaftetes Weideland genutzt, sei es als nicht entwässerte Wiesen oder als Weidewald bzw. als sogenannte Büchenheide. Der heutige Staatsforst, der den Kasdorfer See am Ostufer flankiert, ist auch damals schon vorhanden. Die Wiesen von guter Qualität, die zweimal Heu einbringen, sind dunkelgrün eingefärbt und machen in Wildberg und Wolkow einen sehr geringen Anteil der Flur aus. Die Wolkower Ackerfläche umschloss das Dorf fast vollständig und ging nach allen Seiten zu den Gemarkungsgrenzen hin in Weidewald und Hochwald über. Die Streifenparzellierung ist für Wolkow nicht erfasst. Eventuell herrschte hier kein Flurzwang.

Beschreibung von Wildberg aus der Schwedischen Landesaufnahme von Vorpommern 1692-1698

Beschreibung von Wolkow aus der Schwedischen Landesaufnahme von Vorpommern 1692-1698

für unsere Chronik übersetzt von Heiko Wartenberg, Landesmuseum Greifswald

© Gerhard Fink

Quelle: pommerscher-greif.de
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