
Was die Kaper-Aktion von 1540 und die Steuerschraube seines Vorgängers nicht vermochten, erreichte der seit 1560 in Wolgast regierende Herzog Ernst Ludwig gewissermaßen auf normalem „Geschäftswege“. Im Kloster Reinfeld hatte sich mittlerweile vieles geändert. Längst hatte die Reformation auch in Holstein Einzug gehalten und der Schutzherr von Reinfeld, der dänische König, wurde immer mehr zum alleinigen Herrn im Hause. Auch in Dänemark hatte es einen Wechsel in der Regentschaft gegeben und es regierte Friedrich II. Dieser steckte seit 1563 im sogenannten Dreikronenkrieg mit Schweden und brauchte dringend Geld. So kam es 1566 zum Verkauf der reinfeldischen Besitzungen in Pommern. 32 291 Gulden betrug die Kaufsumme für die „Hovemeisterei“ und ihre Dörfer, die in dem zu Lübeck abgeschlossenen Kaufvertrag genannt wird. Die Gebäude und die Ackerflächen wurden der bereits bestehenden herzoglichen Vogtei in Treptow zugeschlagen und die Bauern der Dörfer leisteten ihre Dienste künftig für die herzoglichen Vorwerke – Wildberg mit 17 Spann- und Pflugdiensten und 10 Handdiensten für das Vorwerk Treptow, Wolkow mit 10 Spann- und Pflugdiensten und 8 Handdiensten für Klein Teetzleben – entsprechend der Zahl der vorhandenen Bauern und Kossätenstellen in den Dörfern. Der Pachtvertrag mit Stefan Loitz hatte sich damit erledigt und für Wildberg und Wolkow bedeutete dies das Ende der 317 Jahre währenden Klosterherrschaft. Jetzt zählte man zu den herzoglichen Dörfern – im ausgehenden 16. Jahrhundert war dies aber wahrlich kein Privileg! Dr. Dirk Schleinert, Stadtarchivar von Stralsund, hat in seiner Dissertation „Die Gutswirtschaft in Herzogtum Pommern-Wolgast im 16. und frühen 17. Jahrhundert“ dargelegt, dass die Pommernherzöge maßgeblich dazu beigetragen haben, den Status der Bauernschaft und der Dorfbewohner auf das Niveau der Leibeigenschaft herunterzudrücken. Die ewigen Geldnöte der Landesfürsten und die guten Preise für Getreide im von Missernten geplagten Westeuropa veranlassten die Wolgaster und Stettiner Herren, ihre landwirtschaftlichen Eigenwirtschaften erheblich auszubauen. Ursprünglich dienten die bis um 1540 noch recht bescheidenen fürstlichen Gutshöfe nur der Eigenversorgung der großen Hofhaltung – nun aber wollte man in großem Stil ins Getreidegeschäft einsteigen und die Ernteerträge zu Geld machen. Die Einverleibung des Klosterbesitzes bot hierzu die Gelegenheit. Wollte man die Eigenbetriebe des Herzogs vergrößern (300 pommersche Morgen oder ca. 200 ha galt als anzustrebende Normgröße für Vorwerke), musste man die abgabepflichtigen Bauern und Kossäten beiseite schieben und ihnen die ganzen Höfe oder Teile ihrer Ackerfläche wegnehmen. Ein entscheidender Schritt in dieser Richtung war die Durchsetzung der Rechtsauffassung, dass den Bauern kein Erbrecht zustehe. So konnte man im Todes- oder Krankheitsfall die Höfe einziehen und dem Gutshof – dem Vorwerk – zuschlagen. Gleichzeitig musste man dafür Sorge tragen, dass die entrechteten Landleute nicht davonliefen – wurden sie doch als Arbeitskräfte auf dem Vorwerk dringend gebraucht. Also setzte man die Schollenbindung fest und 1612 war in Pommern erstmals von Leibeigenschaft die Rede. Ohne die gegebenenfalls teuer zu bezahlende Erlaubnis des Gutsherrn konnte sich niemand legal aus seinem Dorf entfernen. Jetzt konnte man die Dorfbewohner wie bei einem Schachspiel hin- und herschieben und es ist vielfach überliefert, in welchem Maße solche Umsetzungen mit krassen Ungerechtigkeiten und Schlechterstellungen der Bauern und Kossäten einhergingen. So musste auch Wildberg wenige Jahrzehnte nach dem Wechsel des Grundherrn eine besonders üble „Rochade“ über sich ergehen lassen – allerdings nicht ohne Gegenwehr der Bauernschaft (Näheres unter Zeitfenster 1609). Dass mit dieser Beugung des traditionellen Rechts der Bauernstand nicht völlig verschwand, hatte einen einfachen Grund: Um die neuen Großbetriebe überhaupt betreiben zu können, brauchte man die Hand- und Spanndienste der Bauern und Kossäten. Die Vollbauern stellten ja nicht nur an bis zu 4 Werktagen eine Arbeitskraft, sondern mussten auch ein Vierergespann an Zugpferden und das Ackergerät vorhalten. So kam das Vorwerk mit einer vergleichsweise geringen „Hofwehr“ und auch mit wenig eigenem Personal aus und konnte natürlich deutlich kostengüstiger produzieren.
© Gerhard Fink