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… für unsere Chronik übersetzt von Heiko Wartenberg vom Landesmuseum Greifswald, mit einigen Anmerkungen versehen

Die Beschreibung ist für die Internet-Version der Chronik leicht gekürzt. In der gedruckten Fassung ist sie vollständig enthalten.

 

Beschreibung und Anmerkungen zum Dorf Wolkow,
das Anno 1698 im Juli und Anfang August vermessen [wurde]

Wolkow ist unter dem Amt Treptow und Wilbergs Pastorat gelegen. Es hat lange
Adligen gehört, die das Amtsackerwerk (Klein)Teetzleben besaßen und der letzte von ihnen hieß Wittkopp, ein Oberst. Jetzt ist es eingezogen und gibt Dienstgeld an die
Amtsobrigkeit und zwar die 4 Vollbauern als Becker, Löbstrew, Wüstenberg und
Ertman 20 Rthl. Aber die anderen zwei geben 23 Rthl, nämlich Gönter und Mas,
weil die ersteren mehr reines Land haben. Merke, die ersteren haben in Tetzleben
gedient.
Früher sollen hier 12 Vollbauern und 6 Kossäten gewesen sein. Wovon die ersteren
jeder 1 Hufe besessen haben sollen, ich glaube, es war eine Landhufe, aber die

Letzteren besaßen so viel wie ein Vollbauer. Dazu hat auch die hiesige Kirche
Land gehabt, aber man weiß nicht wie viel es war oder ist. Jetzt gibt der unten
genannte Kirchenpächter 15 vorpommersche Gulden für selbiges Land. Selbiger
ist ein freier Mann und Radmacher hier im Dorf. Dieses Kirchenland ist auf der
Karte und in der Berechnung unterschieden.
Jetztige Einwohner sind 6 Vollbauern und ein Kossät, der ein Drittel gegenüber einem
Vollbauer besitzt, sowie der oben genannte Kirchenpächter sowie ein Schmied, der

Land für 9 Scheffel Aussaat hat.

1. Gregorius Becker }
2. Martin Löbstrew }
3. Jonas Wüstenberg }                Vollbauern
4. Klues Mas }
5. Gregorius Ertman }
6. Jochom Gönter }

Einlieger:

Adam Kraseman, David Löbstreo, Jochom Wüstenberg, Jochom Schult, Kuhhirt
die Kirche im Dorf

7. Christian Wolter, Pächter
8. Frans Didrick, Kossät

9. Georgen Löbstrew, Schmied

Hufensteuer kommt auf das ganze Dorf außer dem Kirchenanteil zu 5 reduzierten
Hufen und 2 Morgen.
[An’s] Magazin gaben sie vergangenes Jahr alle zusammen 52 Scheffel.
Reitersteuer gibt das ganze Dorf jeden Monat 5 Rthl;
Priestergebühr jedes Jahr 40 Scheffel; Küstergebühr 20 Scheffel;
außerdem bekommen sie auch Würste und Eier nach Landesgewohnheit.
Sonst bekommt der Pastor von jeder Person, die zum Abendmahl geht,
jährlich 8 Schilling.
Nebenmodus gaben diese Freileute im Jahr 7 Rthl 8 Schilling.

Zunächst fällt auf, dass das Überlieferungswissen um die Zisterzienser-Vergangenheit des Ortes, die im Jahr der Landesaufnahme 132 Jahre zurücklag, offenbar verloren gegangen ist. Die in der Beschreibung erwähnten Besitzerwechsel im und nach dem Dreissigjährigen Krieg und die Kriegswirren selbst haben die weiter zurückliegende Vergangenheit überlagert und sicher gab es als Kriegsfolge auch unter der bäuerlichen Bevölkerung eine große Fluktuation.

Der erwähnte häufige Wechsel im Besitz der herzoglichen Güter in Vorpommern war die Folge einer „Wertschöpfung“ durch Verpfändung der Besitztümer an zahlungsfähige Adlige und immer häufiger auch an Angehörige der städtischen Oberschicht. Der Pfandgeber überläßt dem Pfandnehmer gegen eine vertraglich vereinbarte Geldsumme die Nutzungsrechte und die Privilegien des Grundherren so lange, bis das Pfand durch Rückzahlung der Pfandsumme wieder eingelöst wird – bei den ewigen Geldnöten der Herzöge und der schwedischen Krone als deren Rechtsnachfolger ab 1648 konnte dieses Datum aber leicht auf den „Sankt Nimmerleinstag“ rücken. Den Pfandnehmern stand natürlich auch der Ertrag aus dem Gutsbetrieb quasi als Verzinsung der Pfandsumme zu und sie konnten das Pfand jederzeit weiterveräußern oder gegen ein anderes eintauschen – wobei freilich das grundsätzliche Eigentumsrecht des Pfandgebers nicht angetastet wurde. Es bedarf keiner großen Fantasie, um sich vorzustellen, dass eine solche Praxis das Los der Landleute nicht gerade erleichterte und eine kontinuierliche Entwicklung der Gutsbetriebe eher die Ausnahme war. Obwohl der Pfandnehmer verpflichtet war, alle Bauernstellen in seinen Dörfern zu erhalten, kam es gerade in dieser Zeit zur Einziehung von Bauernland in großem Stil – das große „Bauernlegen“ setzte ein. Anstatt die Neubesiedlung von „wüst gefallenen Hofstellen“ durch Bereitstellung von Vieh, Gerätschaften und durch eventuell erforderlichen Wiederaufbau der Hofstellen zu fördern, war es natürlich wesentlich verlockender, das Ackerland der Bauernstelle dem großen Gutsbetrieb zuzuschlagen und sich die „Entwicklungshilfe“ zu sparen. In Wolkow könnte der Verlust von 6 Vollbauernstellen und 5 Kossätenhöfen allerdings wohl im Zusammenhang mit dem großen Krieg stehen, weil auf der Markung kein Gutsbetrieb oder Vorwerk vorhanden war und die verbliebenen 6 Vollbauern und die kleineren Wirtschaften die gesamte Ackerfläche bis auf einen relativ kleinen „wüsten“ Rest von ca. 13 Hektar unter dem Pflug hatten. Der letzte „Pfandnehmer“ Wittkopp, dem der größte Teil der Abgaben zustand, war offensichtlich einer der Leidtragenden im Zusammenhang mit einer Reorganisation des königlichen Besitzes. Die Schweden waren – wie schon am Anfang dieses Zeitfensters erwähnt – generell mit dem Steueraufkommen in Vorpommern unzufrieden und machten daher ihre Eigentumsrechte auf die Domänen geltend. Ob die „Einziehung“ des Dorfes gegen Entschädigung des Obersten erfolgte oder durch juristische Mittel erzwungen wurde, ist bisher nicht bekannt. Jedenfalls war Wolkow im Jahr 1698 wieder ungeschmälertes Eigentum des königlichen Amtes und damit des schwedischen Königs.

Noch einige Erläuterungen zu den Steuern und Abgaben:

Der Umstand, dass die Bauern Dienstgeld bezahlen, bedeutet, dass die sechs Vollbauern ihre Hand- und Spanndienste durch eine jährliche Geldzahlung abgelöst haben. So können sie sich die Haltung eines zusätzlichen Gespannes und die Beschäftigung eines Knechtes sparen und ihre ganze Arbeitskraft und die der Familie dem eigenen Acker widmen. Vier der Bauern waren ursprünglich auf dem Gut Klein Teetzleben dienstverpflichtet, das im Dreissigjährigen Krieg völlig zerstört wurde. Eine Landhufe entsprach knapp 20 Hektar, die Zuverlässigkeit einer solchen Umrechnung ist allerdings umstritten. Der Beschreibung zufolge sind in den Jahren vor 1698 sechs Bauern- und mehrere Kossätenstellen verloren gegangen, deren Ackerflächen von den weiterbestehenden Höfen bewirtschaftet wurden. Somit wird im Berichtsjahr jeder Vollbauer um die 40 Hektar und der Kossät ca. 13 Hektar unterm Pflug gehabt haben. Aus der Höhe der Pachtzahlung des Kirchenpächters und Radmachers könnte man schließen, dass der Kirchacker wohl ebenfalls ca. 13 Hektar groß war. Die Hufensteuer ist eine Art Grundsteuer, mit der die Bauern die Kosten abtragen, die einst bei der Einrichtung der Bauernhöfe dem Grundherren entstanden sind. Die Magazinabgabe war zum Unterhalt der schwedischen Garnison in Vorpommern bestimmt (umgerechnet ca. 34 Zentner im Jahr), die sehr hohe Reitersteuer diente der Ausrüstung und Besoldung der Armee. Die Angaben über Gebühren an Priester und Küster beziehen sich ebenfalls auf das ganze Dorf. Den Nebenmodus bezahlten die Bewohner ohne Grundbesitz, z. B. Pächter und Handwerker mit Familie und Dienstpersonal.


Ackerwirtschaft
Dieses Dorf liegt zu 3 Schlägen oder Feldern, als: Das Hohe Felt, welches jetzt
Brache und das Beste ist. Danach kommt [das] Heide Felt, das dieses Jahr
Roggensaat und von Qualität [dem] oben genannten nahe [kommt]: Schließlich
kommt Das Fluke Wischfelt oder Sidfelt. Ansonsten teilen sie die Felder nach
ihrem Gutdünken, so das sie bisweilen mehr, bisweilen weniger von jedem Feld
besäen, so wie dieses Jahr haben sie einen großen Teil der Brache mit Roggen und
Sommerkorn. Desweiteren gibt es auch im Heide Felt einen Ort, den man Brak
Felt nennt, den sie zu bestellen pflegen, wenn Das Sidfelt bestellt wird,
deshalb wird es auch sonst Das Sidfelt genannt. Nasse Jahre sind für dieses Dorf
wohl am besten, wenn Das Sidfelt Brache ist, was in nassen Jahren großen Schaden
leidet, wie es zum Beweis dieses Jahr ist. Man sagt, dass man nicht über das
9. Korn bekommen kann.

Die Ackerflur in Wolkow wurde nach den Prinzipien der Dreifelderwirtschaft bestellt und war in drei Schläge eingeteilt. Jeweils ein Schlag wurde mit Sommer- und Winterfrucht bestellt, ein Schlag blieb Brache. In Wolkow waren die drei Schläge von sehr unterschiedlicher Qualität: Das Hohe Felt (in der Karte mit A bezeichnet und westlich und südlich des Dorfes gelegen) von sehr guter Qualität, das Heidefelt (in der Karte mit B bezeichnet und östlich des Dorfes gelegen) nicht ganz gleichwertig und schließlich das Sidfelt (in der Karte als C bezeichnet und nordwestlich des Dorfes gelegen) mit deutlich schlechterem Boden. Damit die Erträge pro Jahr nicht zu stark schwankten, haben die Bauern die strenge Unterscheidung der Schläge aufgehoben und aus dem Heidefelt eine Fläche ausgenommen, die mit dem wenig ertragreichen Sitfeld gekoppelt wurde. Sidfelt hat im Schwedischen und im alten Plattdeutsch ungefähr die Bedeutung von „Niederungsfeld“

Wiesen und Heuschläge
Bei diesem Dorf ist es das Allerschlimmste, dass es keinen Heuwuchs gibt, außer
dem, was sich im Das Sidfelt befindet. Dort gibt es einige Tümpel, die mitten
drin entweder morastig und bültig oder [voll] Wasser sind. Man sagt also, keine
genaue Fuderzahl zu wissen oder sich darauf verlassen zu können, besonders [nicht]
in nassen Jahren. Ansonsten haben sie keinen Wiesenfleck, wenn oben genanntes
Feld Brache ist, sondern müssen all ihr Heu von Treptows Gemarkung holen, wo
sie eine Wiese gepachtet haben.

Wald und Weide
Hierbei gibt es einen ziemlich schönen Wald von Eichen und Buchen, der später
im Jahr eine schöne Mast trägt und davon gibt es auch genug, obwohl Eichen hier
nicht in solch großer Menge sind. Ansonsten gibt es hier auch Kiefernholz von
ziemlichen Wuchs und Tauglichkeit zum Bauen, sowie Espen und Eschen, welche
die Bauern nach Behagen nutzen können. Aber den Eichen- und Buchenwald dürfen
sie nicht anrühren oder sich damit befassen, außer einem Ort Buchenwald, den man
Trintenholt nennte, wohin sie ihre Schweine in Mastjahren treiben können und weil
er auf ihrem Ackerfeld liegt und früher bestellter Acker war. Der Grund ist überall

zur Weide ziemlich schicklich, denn der Boden ist teils von Heidehügeln,
teils von Grasboden, so dass sie über Sommer eine Menge Vieh halten könnten,
aber [sie] bemessen es immer danach, was sie über Winter füttern können.
Großvieh gibt es bei jedem nicht viel über 10 Stück;
jeder an Zugochsen 4 Stück;
Schafe gibt es wohl insgesamt 10 Stück.

Den Grenzverlauf angehend, so ist er rund herum richtig und unstrittig. Jener
ist im Süden mit Breesen, das in Mecklenburg liegt und diese Grenze ist wohl
angezeigt mit Steinen und Skielenträ (wohl andere Grenzmarkierung), welche zum Teil aufgeführt und abgezeichnet sind, nämlich die vornehmsten. Nach Westen grenzt Willberg, im Norden Reinberg, Treptow und Klein Tetzleben, nach Osten Gross Teetzleben.

Flächenberechnung des Dorfes Wolkow Morgen: Q-Ruten

Ackerbestellung
A Das Hohe Felt ist überall wohl gelegen,

hoch liegender Lehmhumus                                                                    149:180
B 1 Das Heide } ist höher liegenderLehmhumus, neben dem Wald
hier und da etwas sandig und hügelig                                                    111:180
Felt } ist neben dem Wald mittelmäßig höher liegend
und bei den Tümpeln bisweilen niedrig, beinhaltet                                41: 60
C Das Flackewisch Felt ist eine Feld, das halb und halb höher und
niedriger liegender Lehmhumus ist                                                        83:270
d Kirchenacker von gutem Lehmhumusgrund, im das hohe und
Heidefelt gelegen                                                                                     9: –
395: 90

Wüster Acker
E ist zumeist ebener wüster Acker mit Heidekraut, ein Teil von
niedrigem Grund, zumeist von höherem Lehmhumusgrund                   20: 90

Wiesen und Heuschläge
F in und neben den Feldern liegende Wiesenstücke sind mitten
drin tief, morastig und voll Bülten, aber an den Seiten rings
herum von grasreichen Rasengrund. Die ersteren hat man in
der Spalte bei den Tümpeln aufgeführt, die letzteren in der
Spalte Wiesen. Man könnte also, wenn Flake Wisch Felt
besät wird, mindestens 1 Fuder pro Morgen mähen                            14:290

Wald und Weide
G 1 neben der Grenze von hohem Eichen-, Buchen- Espen- und
Birkenwald, der beim Acker von kleinem Birken- und Kiefern-
wald; sonst gibt es über den Wilbergischen Weg nach Bresen
und Wilberg zu einen über die Maßen schönen Buchenwald von
grasreichen Grund; neben dem Acker war er früher [auch]
Acker und wird täglich aufgebrochen. Hierunter rechnet man
zwei Flecken Buchenwald bei Grosse und Kleine Tetzlebens
Grenze. Das Stück Buchenwald bei Tetzlebens Grenze nennt
man trintenholt                                                                                    557:240
G 2 ist zumeist überall von Kiefernwald, hier und da gemischt mit
Birken- und Espenwald; vom Grund her mit Gras und Heidekraut;
soll früher Acker gewesen sein und wird täglich aufgebrochen;
hier schließt man auch die Buschremel im Acker mit
Signatur 2 ein                                                                                      308: 90
866: 30

Tümpel und Moräste
von denen der größte im Flake Wisch Felt ist, ein grasreicher
Morast, der wohl in trockenen Jahren als schöne Weide genutzt
werden kann, wenn nicht sogar zu Heu                                               7: 60
Hausstellen und Straßen, welche von schönen Rasengrund sind        13: –
20: 60

886: 90

 

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