Eine Seite zurück

… für unsere Chronik übersetzt von Heiko Wartenberg vom Landesmuseum Greifswald, mit einigen Anmerkungen versehen

Die Beschreibung ist für die Internet-Version der Chronik leicht gekürzt. In der gedruckten Fassung ist sie vollständig enthalten.

 

Beschreibung des Ackerwerks Wilberg,
das zuletzt im Monat Oktober 1697 vermessen [wurde]

Dieses Ackerwerk gehört Heidebreckens Erben pfandweise, sonst [ist es] fürstlich.
[Es] ist in Treptows Amt gelegen, an Mekelborg west-, süd- und ein wenig ostwerts
[und] hieran stoßen nachfolgende Dörfer: Wolde, Kastorf, Knorrendorf,
Gädebehn, Pinnow, Breesen. Hier haben lauter Bauern gewohnt bevor der Hof angelegt
wurde, nämlich 17 Bauern und ungefähr 10 Kossäten. Hiervon sind 7 Bauernhöfe
zu 3 Hakenhufen und 1 Kossätenstelle und ihr Land zu Beginn zum Ackerwerk
gelegt worden und seit dem sind wiederum 2 Bauernhöfe zum Ackerwerk gelegt
worden.
Etwa um 1620 ist dieses Ackerwerk erstmalig angelegt worden. Seitdem grenzt es an
folgende Bauerndörfer: Golchen, Reinberg und Grapzow. Sie haben hier [ihre] eigene
Kirche und Pastor im Dorf.

Wie bereits in der Schenkungsurkunde von 1249 wird der beschriebene Ort nicht Wildberg sondern Wilberg genannt. Vorwerk und Dorf Wildberg gehörte seit 1566 zum Krongut der Herzöge bzw. ihrer Rechtsnachfolger, den schwedischen Königen – ist also „fürstlich“. Zum Zeitpunkt der Landesaufnahme sind Gut und Dorf an die Adelsfamilie Heydebreck (ab 1342 Sitz auf Burg Klempenow, später in Hinterpommern ansässig) verpfändet. Besonders interessant ist die Veränderung hinsichtlich der vorhandenen Bauernstellen. Demnach sind in den vergangenen Jahrzehnten insgesamt 9 Bauernstellen „gelegt“ worden, das heißt, die Ackerfläche wurde dem Vorwerksacker zugeschlagen. Möglicherweise sind im Dreissigjährigen Krieg zwei weitere Höfe „wüst gefallen“ und die Ackerfläche wurden zugunsten des seit 1618 bestehenden Vorwerks eingezogen. Die Wildberger Dorfskizze aus dem Kirchenbuch von 1682 beweist, dass die Namen der nicht mehr ansässigen Bau­ernfamilien noch präsent waren. Die Klostervergangenheit unserer Dörfer , die ja zum Zeitpunkt der Landesaufnahme bereits 133 Jahre zurücklag, findet keine Erwähnung. Nach heutigem Wissen kamen die Dörfer 1566 durch Kauf in den Be­sitz der pommerschen Herzöge. Missverständlich ist die Angabe, das Ackerwerk grenze seit 1520 an die weit abliegenden Dörfer Golchow (Golchen) und Gapzow (Grapzow). Gemeint ist sicher, dass zu dem Ackerwerk oder Vorwerk auch weit abliegende Felder bei diesen Dörfern gehörten.

Namen der Einwohner
1. Jochom Schierck, Verwalter
(des Vorwerks oder Ackerwerks);
2. Hans Dreyer Schultze;
3. Hans Lups Bauer;
4. Stoffer Lups Bauer;
5. Melcher Huusher Bauer;
6. Stoffer Strutz Bauer;
7. Hans Röhl Bauer;
8. Chasper Matz Kossät;
9. Jacob Strutz Kossät;
10. Frantz Röhl Kossät;
11. Jacob Behr Kirchenbauer
12. der Schafhirte
13. der Hirte Freimann;
14. Peter Günter Untertan;
15. Casper Röhl Tagelöhner, Untertan;
16. Hindrich Lups Tagelöhner, Unter[tan], wohnt in der Kate von Nr. 4;
17. Jochom Bartelt im Haus des Pastors, Freimann, holt Reisig und verkauft [es] [?];
18. Schweinehirt untertänig;
19. der Pastor;
20. der Küster;
21. der Müller.
Ein Freimann ist zu verstehen als eine Person, die nicht dienstverpflichtet und nicht leibeigen ist. Allerdings hat der Freimann auch keinen Anspruch auf die Fürsorge des Grundherrn bei Krankheit oder im Alter. Diese Leute können sich auf Zeit – z. B. als Hirte in der Weidesaison oder als Tagelöhner – verdingen oder ein Gewerbe betreiben.

Die folgenden Flächenangaben sind in pommerschen Morgen zu je 0,655 Hektar und in Quadratruten zu je 22 Quadratmetern angegeben.

Flächenberechnung des Ackerwerks Wilberg Morgen : Q-Ruten
, Über den Acker der in 3 Schlägen liegt
Das Barkfelt nach Süden, lag dieses Jahr in Brache, darin haben

wie mit folgenden Buchstaben bezeichnet: der Hofacker mit A 1,
Bauernacker mit A 2, des Pastors mit P, der Kirche mit K, des
Küsters mit Kl; der Acker besteht nahe am Dorf aus sandigem
Lehm, aber je weiter weg, desto sandiger und schwächer, wie wohl
so der 3te Teil sonst überall hügelig ist.
5 A 1 der Hofacker
(Vorwerk)                                           93: 90
7 A 2 Acker der Bauern                                                   127:210
3 K Kirchenacker                                                               11: –
5 P Pastor                                                                        16:210
1 Kl des Küsters [Acker]                                                 
– :180
249: 90

Die Ackerfläche ist gemäß den Prinzipien der Drei-Felder-Wirtschaft wie in Wolkow in drei Schläge eingeteilt, von denen in jedem Jahr zwei besät und einer in Brache gehalten wird. Der Schlag Barkfelt liegt also in Richtung Breesen und Pinnow und ist bis auf denn südlichsten Bereich wohl von eher guter Qualität und nicht so stark abhängig von der Niederschlagsmenge.

Weit mehr als die Hälfte der Gemarkung nehmen Wald-, Sumpf und Heideland unterschiedlicher Beschaffenheit ein, die meist als Sommerweide genutzt werden. Die Landvermesser haben auch die Qualität dieser Flächen in ihrer Karte erfasst. So kann man deutlich den wertvollen Baumbestand entlang des Kastorfer Sees erkennen.

Gesamt:

Acker:                                                                          733:195
wüster Acker                                                                 50: 30
Wiesen                                                                           43:255
Heufuder                                                                       40

Wald und Heide                                                        1170:240
Hofstellen, Straßen                                                    129: 60

Wie in Wolkow sind auch in Wildberg wenig Wiesenflächen vorhanden, die zur Heugewinnung geeignet sind. Ein Fuder Heu entspricht einer Fuhre Heu mit einem einachsigen Pferdewagen. Die Menge des Winterfutters bestimmt maßgeblich den Viehbestand. Als Heide bezeichnete man seinerzeit alle zur Hütung geeigneten Wald- und Brachflächen.

Anmerkungen über Wilberg

Über den Acker
Der Acker liegt in 3 Schlägen. Der, [wo] man jetzt Roggen sät, nennt man
Barkfelt, den [wo] Roggen stand, Möllen Feldt. Das Gerstenfeld heißt acht rods
und See Slack. [Er] ist überall hügelig, teils Sand, teils sandiger Lehm, teils Lehm;
zumeist überall schlupiger und kalt[-gründiger] Acker, der in nassen Jahren sehr
wenig tragen kann. Aber wenn gute Jahre sind, können sie wohl das vierte Korn
bekommen, aber oft ist es knapp die Aussaat nach den Worten der Bauern.

Der hier genannte Ernteertrag bezieht sich nur auf den problematischen See- und Achtroden-Schlag westlich und nordwestlich des Dorfes, wo selbst in guten Jahren das Verhältnis von Aussat und Ernte nur eins zu vier beträgt und in nassen Jahren gerade mal die Aussaat wieder gewonnen werden kann. Die anderen beiden Schläge müssen deutlich besser gewesen sein – sonst wäre es um die Landwirtschaft in Wildberg schlecht bestellt gewesen.

Weide und Vieh samt Wald
Weideland ist hier ausreichend, wenn das Jahr ein nicht allzu nasses Jahr ist,
so dass das Vieh ins Morastige gehen kann. Sonst ist es sehr knapp.
Der Verwalter hält 4 Pferde, 8 Ochsen, Rinder ohne Kälber 40 Stück;
jeder Bauer hält 4-5 Pferde, 4 Ochsen, Rinder 3-4 Stück;
Kossäten — 2 bis 4 Rinder 1, 2 oder 3 Stück.
[Eine] Schafherde kann hier höchstens bis zu 400 Stück gehalten werden, aber
normalerweise 300 Stück.
Wald ist hier auf dem alten Acker genug, kleine Birken zumeist, im Morast Erlen;
sonst Buchenwald mit einigen Eichen. Mast wächst hier jedes 4., 5. bis 6. Jahr, so
dass 200, höchstens 300 Schweine fett gemacht werden können. Das nötige Brennholz
können sie schlagen, aber weiter nichts.

Über Fischerei
Sie hatten hierzu frei, im Kassendorfer
See zu fischen, so weit sie darin waten
können, was ihnen der Besitzer Landr[at] Moltsan
zu Wolld verweigern will.
Der See gehört, wie zuvor gehört, zur Hälfte hierher, [was] aber zu Zeiten der
Fürsten für ein Stück Hügel am Nordende des Sees gelegen, vertauscht wurde,
quod probetur
(ist glaubhaft?).

Über Dienst und Dienstvolk

Die Bauern dienen 5 Tage in der Woche, alle Tage mit einem Haken sowie 3 [Tage]
daneben mit 3 Eggen jeden Tag und zwei [Tage] zu Fuß mit 1 Person, außer dem,
der hakt. In der Roggenmahd dienen sie alle Tage der Woche mit 2, die mähen
und dazu 2 Binder. Wenn sie die Gerste
mähen, haben sie 3 Personen.
Die Kossaten [stellen] in der Roggenmahd die ganze Woche hindurch 2 Personen,
aber in der Gerstenmahd eine Tag über den anderen
. Sonst dienen sie 3 Tage in der
Woche mit Hakenochsen und 2 mit einer Person zu Fuß.
Der Verwalter hat einen Knecht, zwei Mägde und 1 Jungen.
Ein Bauer hält 1 Knecht, 1 Magd, 1 Jungen und 1 Halbknecht, wenn er nicht eigene
Kinder hat.
Die Kossaten halten entweder 1 Halbknecht oder 1 Magd, wenn sie nicht eigene
Kinder haben.

Anders als ihre Wolkower Kollegen verrichten die Wildberger Bauern 1697 ihre Hand- und Spanndienste für das Vorwerk noch in vollem Umfang. Nachdem der Verwalter nur sehr wenig eigenes Personal zur Verfügung hat, ist der Vorwerksbetrieb nur so aufrecht zu erhalten. Ein Vollbauer stellt an bis zu 5 Tagen ein Gespann mit Gespannführer. Wenn geeggt wird, sind drei Tage Spanndienst zu leisten und ein zusätzlicher Arbeiter muss gestellt werden. In der Erntezeit ist mit mehreren Helfern an bis zu 6 Tagen Dienst zu leisten. Wenn der eigene Betrieb nicht liegenbleiben soll, muss der Bauer entsprechend Personal anstellen und ein zusätzliches Gespann mit vier Pferden vorhalten. Auch die Kossäten leisten Dienst, müssen aber keine Spanndienste leisten. Die Stellung des Halbknechts ist mit zwei verschiedenen Bedeutungen überliefert. Einmal kann es sich um einen Jungknecht handeln, andererseits konnte sich ein Knecht auch nur für die halbe Woche verdingen und z. B. noch eine weitere Halbknechtsstelle annehmen.

Über die Mühle
Der Müller der Windmühle hat 4 Drömt Pachtkorn gegeben und frei gemalen, was
auf dem Hof verzehrt wird. Jetzt gibt er nicht so viel. Dort, [wo] dieses Müllers
Haus steht, hat früher eine Wassermühle gestanden, welche zuvor beim Teich
und
dem Weg nach Japsow gestanden hat, wo der Müller über den Bach noch eine
Wiese zu liegen hat.
Über Ausgaben
Der Verwalter gibt 750 fl Pacht, 4 Liespfund Lein und 1 Stein Wolle, daneben dem
Pastor 20 Rthl, 26 Scheffel Roggen; dem Küster 13 Scheffel Roggen. Vom Hof
werden 4 Hufen und 16 Morgen versteuert.
Die Bauern versteuern zusammen 4 Hufen 12 Morgen.
Jeder Bauer gibt dem Pastor 5 Scheffel Roggen, 20 Eier [und] 1 Wurst; dem
Küster 2 Scheffel Roggen, 10 Eier.

Die Kossäten geben dem Pastor jeder 2 ½ Scheffel Roggen, 10 Eier und eine Wurst, dem Küster 1 Scheffel Roggen, 5 Eier.
Sie geben auch – sowohl Bauern als auch Kossäten – wie sie haben.
Jeder Bauer gibt im Vierteljahr 5 Rthl Akzise, früher kam sie nur 7 Gulden.
Der Verwalter gibt jährlich 9 Rthl Akzise, früher gab [er] pro Quartal 1 Rthl
28 Schillinge.
Ein Kossät gibt jedes Quartal 30 Schillinge – vorher 24 Schillinge

Der Verwalter Schierck hat den Gutsbetrieb offenbar gepachtet und zahlt seine Pacht und die Naturalabgaben an die Familie Heydebreck. Außerdem zahlt er wie die Bauern die Grundsteuer an die staatliche Behörde.

Diesen Angaben kann man wiederum entnehmen, dass die Wildberger Landvermesser-Gruppe personell anders zusammengesetzt war, als die Wolkower Kommission. Hier wird der Begriff „Akzise“ verwendet, den man so für die Besteuerung auf dem Lande nicht erwartet. Akzise ist eigentlich eine Konsumsteuer, die auf bestimmte Verbrauchsgüter (z. B. Salz, Fleisch, Mehl, Bier, Brandwein) vor allem im städtischen Bereich anfällt. In diesem Sinne kann der Begriff Akzise hier nicht gemeint sein. Die Einnahmen aus der Akzise waren eine der Hauptfinanzquellen für das Militär. Wir dürfen also annehmen, dass der Begriff Akzise hier der „Reitersteuer“ in der Wolkower Beschreibung entspricht. Noch einige Erläuterungen zu den Maßen und Münzen: Ein Reichsthaler (Rthl) entspricht zwei pommerschen Gulden. Der Gulden hat 24 Schillinge. Das „Liespfund“ entsprach in Dänemark 8 kg, ein „Stein“ entsprach ca 20 kg. Die Naturalabgaben an den Pastor und den Küster waren offensichtlich vom Ernteertrag abhängig – „sie geben wie sie haben“.

 

Eine Seite zurück